Spiritual Bypassing – Wenn Spiritualität zur Vermeidung wird

19.04.2025

Lesedauer: < 5 Minuten

Es gibt einen Punkt auf dem spirituellen Weg, den fast alle früher oder später erreichen.
Es ist kein besonders strahlender, erleuchteter oder “hochschwingender” Ort.
Es ist ein Moment der Ehrlichkeit:

„Ich dachte, ich heile – aber eigentlich habe ich mich selbst nur umgangen.“

Dieser Moment ist unbequem.

Er kratzt am Selbstbild.
Er bricht das schöne Bild von Bewusstheit auf.
Aber genau hier beginnt echte Tiefe.

Was ist Spiritual Bypassing überhaupt?

Der Begriff wurde vom Psychologen John Welwood geprägt und beschreibt die Tendenz, Spiritualität als Fluchtweg zu benutzen.

Statt uns mit unseren ungelösten Themen, Emotionen oder inneren Konflikten auseinanderzusetzen, ummanteln wir sie mit spirituellen Konzepten.

Es ist, als würden wir uns in weißes Licht einhüllen, während darunter noch alte Wunden pochen.

Typische Sätze beim Bypassing:

•„Ich bin drüber hinweg, ich hab vergeben.“

•„Alles ist genau richtig, wie es ist.“

•„Ich bleibe einfach in der Liebe.“

•„Ich manifestiere mir was anderes.“

•„Ich spüre da einfach nichts mehr.“

Und obwohl all diese Aussagen eine Wahrheit enthalten könnten, sind sie oft ein Schutzmechanismus.
Ein elegantes Wegdrücken.
Ein „Ich will da nicht noch mal hinfühlen.“

Wie sich Spiritual Bypassing zeigt (auch wenn du es nicht merkst)

•Du meditierst täglich, aber spürst deinen Körper nicht mehr richtig.

•Du sprichst von Schattenarbeit, traust dich aber nicht, mit deinen tiefsten Ängsten zu sitzen.

•Du benutzt spirituelle Sprache, um echten Schmerz zu umgehen.

•Du verzeihst, bevor du überhaupt gespürt hast, was dich verletzt hat.

•Du meidest Konflikte und nennst das „innere Ruhe“.

•Du redest von Loslassen – meinst aber Verdrängung.

Die Mechanismen sind nicht böse. Sie sind menschlich. Sie wollen dich schützen.Aber sie halten dich oft genau von dem fern, was wirklich heilen würde:

Deine unzensierte Wahrheit.
Deine rohe Wut.
Deine echte Trauer.
Dein verletztes inneres Kind.
Dein zitternder Körper.
Dein Unwissen.
Deine Angst.

Meine Geschichte damit – ehrlich und ungefiltert

Ich habe viele dieser Mechanismen gelebt. Ich habe mich in spirituellen Räumen sicher gefühlt – aber nicht immer echt. Ich war verbunden mit „dem Großen Ganzen“, aber abgeschnitten von meinem Bauchgefühl.
Ich habe energetisch „losgelassen“, was ich emotional nie gehalten habe. Ich habe anderen von Vertrauen erzählt, während ich selbst innerlich verkrampft war.
Ich dachte, ich bin auf dem Weg – und war es auch.
Aber eben nicht in die Tiefe, sondern in die Höhe. Nicht nach innen, sondern „drüber“. Nicht in Kontakt, sondern in Konzepten. In Flucht.

Der Wendepunkt kam nicht in einer Erleuchtung – sondern in einer Ehrlichkeit.

Ich habe erkannt:

Ich hatte mich spirituell perfektioniert – aber emotional nicht wirklich integriert. Seitdem ist vieles anders geworden. Nicht glamouröser, sondern ehrlicher. Ich fühle mehr – auch das Unbequeme.
Ich halte Raum für mich – auch wenn nichts „passiert“.
Ich versuche nicht mehr, „da drüber“ zu sein. Ich bin einfach da.

Warum wir es tun – und warum es so menschlich ist

Weil Schmerz unangenehm ist.
Weil das Nervensystem irgendwann gesagt hat: „Ich kann nicht mehr fühlen.“
Weil Spiritualität ein Ort ist, an dem man sich stark fühlen kann – auch wenn man innerlich eigentlich nur überleben will.
Spiritualität ist verführerisch, wenn wir verletzt sind. Sie gibt Sinn, Struktur, eine Sprache für das, was ungreifbar ist.
Aber wenn wir sie dazu nutzen, unsere Emotionen zu deckeln, wird sie zur Maske.

Und die Wahrheit ist: Auch Licht kann zu viel sein, wenn du im Inneren noch blutest.

Was stattdessen hilft – und was echte Tiefe braucht

1. Radikale Ehrlichkeit

Nicht das, was du denkst, fühlen zu sollen. Sondern das, was wirklich da ist.

Frag dich:

•Was fühle ich gerade wirklich – ohne Filter?

•Was verdränge ich mit spirituellen Ritualen?

•Welche Gefühle erscheinen „nicht spirituell genug“?

2. Langsamkeit & Körperarbeit

Viele bypassen, weil sie den Körper nicht mehr spüren.
Wenn du atmest, dich bewegst, dich spürst – kommt oft das hoch, was du mit dem Verstand nicht erreichst.
Embodiment. Breathwork. Zittern. Tönen. Schütteln.

Heilung beginnt oft nicht im Verstehen – sondern im Nervensystem.

3. Schattenarbeit, die nicht nur Konzepte bleibt

Schattenarbeit ist kein Mindset. Es ist:

•die Bereitschaft, ungeliebte Anteile zu fühlen

•Wut und Scham als Teil deiner Ganzheit zu integrieren

•nicht nur „das Licht in allem“ zu sehen – sondern auch die Dunkelheit in dir zu halten

4. Spirituelle Praxis als Rückkehr – nicht als Flucht

Nutze Meditation, Reiki, Zeremonien, Yoga – ja.
Aber frag dich jedes Mal:

Bringt mich das näher zu mir selbst – oder weiter weg von mir?

Wenn deine Praxis dich weich, klar und ehrlich macht – bleib dran.
Wenn sie dich taub, unnahbar oder „zu weit oben“ macht – schau tiefer hin.

 

Wenn du spürst, dass du dir manchmal selbst ausweichst – lies diesen Beitrag nochmal. Oder schick ihn weiter.

Ich teile hier ehrlich, wie ich Spiritualität als Ausrede genutzt habe. Wie ich mich mit „Vertrauen“, „Annehmen“ und „Loslassen“ selbst umgangen habe.
Und was heute anders ist.
Kein Filter. Kein Fluchtweg.
Nur du – mit allem, was da ist.
Wahr. Unbequem. Echt.

Und wenn du den Mut hast, hinzusehen: Ich seh dich.

Immer.

 

Wenn du möchtest, begleite ich dich auf diesem Weg.
Nicht, um dich zu reparieren.
Sondern um dich zu erinnern, wie sich echte Verbindung anfühlt – zu dir, zu deinem Körper, zu deinem inneren Kompass.

Nicht perfekt. Nicht spirituell korrekt. Sondern: du.

In Liebe, Shania

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Banderole

Hey, ich bin Shania

Es ist mir eine Herzensangelegenheit, Menschen auf einfühlsame Weise zu ihrem Schatten zu führen, sie durch Selbsterfahrung erkennen zu lassen, was sich hinter ihrem verankerten Schmerz und Leid verbirgt und wie sie diese Erkenntnisse auf heilsame und transformierende Weise für sich selbst nutzen können.