Boomland - Eine Reise durch die Schatten meiner Selbst
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In diesem Blogartikel teile ich meine Erfahrungen aus der Perspektive der direkten Erfahrung.
Tag 1
Ich stehe am Flughafen und fühle mich nicht wohl. Eine Welle von unangenehmen Gefühlen durchflutet mich. Ich habe Angst. All das überwältigt mich. Ich würde gerne zurückgehen, aber ich weiß, dass ich diese Reise machen muss. Es ist meine Komfortzone, die mich jetzt all diese unangenehmen und undurchsichtigen Gefühle spüren lässt.
Es ist der wochenlange Stress, der jetzt von mir abfallen will. Ich stehe ständig unter Strom und es schwirrt eine unglaublich starke Wut in meinem System. Viele neue Entscheidungen, die ich getroffen habe, mit überwältigenden Auswirkungen.
Ich muss fliegen, weil ich diese Auszeit dringend brauche.
Ich fange an zu weinen und gebe zu, dass es mir im Moment nicht gut geht. Aber ich mache weiter und nehme all meinen Mut zusammen. Anicca schwirrt mir immer wieder durch meinen Kopf und ich erinnere mich an die Vergänglichkeit.
Ich stehe am Gate, mein Reisebegleiter darf vor mir das Flugzeug betreten.
Plötzlich kehrt Ruhe und Erleichterung ein. Ich habe das Gefühl, mich an ein früheres Leben zu erinnern, in dem ich viel allein gereist bin.
Ich sitze im Flugzeug und der Pilot erzählt von Turbulenzen. Wir heben ab und ich spüre zum ersten Mal in meinem Leben Flugangst. Ich starre in den Mittelgang und merke, wie in mir eine starke Panik aufsteigt. Ich spüre, wie mein System reagiert und beobachte, was in meinem Körper passiert. So habe ich mich noch nie gefühlt und ich versuche, es irgendwie einzuordnen. Ich wende meinen Blick ab und schaue aus dem Fenster, und plötzlich ist die Panik völlig verschwunden. Warum ist das gerade passiert?
Ich erinnere mich an eine Serie über einen Flugzeugabsturz. War es mein eigenes Gefühl oder hat diese Serie in meinem Unterbewusstsein gewirkt? Ich weiß es nicht, ich lasse es einfach geschehen.
Ich schaue aus dem Fenster und genieße die zunehmende Ruhe in meinem Kopf. Ich kann nicht schlafen, ich starre nur in die Ferne und denke nichts.
Wir landen und ich spüre wieder dieses Gefühl der Angst. Starke Turbulenzen, diese Landung ist die unangenehmste, die ich bis jetzt erlebt habe. Alles wackelt und wir fallen in Luftlöcher. Ein starkes Unbehagen macht sich in meinem Magen breit.
„Shania atme, atme einfach“, sage ich zu mir selbst.
Eine Übernachtung im Hotel, bevor es zum Boomland geht.
Ich fühle mich unsicher und nervös. Ich kenne dort niemanden außer meiner Begleitung.
Ich liege im Bett und versuche zu schlafen, aber ich kann nicht, weil mein Geist hellwach ist.
Tausend Gedanken gehen mir durch den Kopf, ich lasse sie ziehen und beobachte meinen Atem. Im Vipassana-Retreat habe ich gelernt, dass ich, wenn ich mich auf meinen Atem konzentriere, am nächsten Tag ausgeruht sein kann, auch wenn ich nicht fest schlafe.
Tag 2
5.30 Uhr und der Wecker klingelt, viel zu früh zum Aufstehen, aber unser Taxi wartet.
Als wir am Flughafen ankommen, fragen wir uns, wo wir hinmüssen. Jemand steigt vor uns aus dem Taxi aus und sieht aus, als kenne er den Weg. Wir laufen hinter ihm her und finden den richtigen Ort.
Er trägt ein Rock am Ring-T-Shirt, sicher spricht er Deutsch. Er kommt aus der Schweiz und ist allein unterwegs.
Ich habe kein Wasser und eine 4-stündige Fahrt steht mir bevor. Ich spüre, dass ich nicht alleine gehen will, Unsicherheit macht sich breit.
Der Mann bietet an, auf unsere Sachen aufzupassen. Ich habe keine Zweifel daran und wir gehen los.
Ich weiß, dass ich von nun an nur noch mit Englisch weiterkomme. Meine Sprechblockade kommt immer wieder hoch.
Aber irgendwie ist da gleichzeitig auch eine Sicherheit in mir. Ich glaube, das liegt an dem Sprachkurs, den ich besuche. Dort konnte ich einen großen Teil meiner Angst loswerden. Zum ersten Mal war ich sogar der Streber in der Gruppe.
Ich stehe in der Schlange vor der Bäckerei, nehme ein Wasser und bestelle einen Cappuccino.
Erleichterung.
Ich konnte frei sprechen und fühle mich gut. Zurück zur Busstadion.
Hier stehen schon viele Menschen herum. Ich fühle mich sichtlich unwohl, mein Energiesystem ist völlig überfordert. Ich spüre die Menschen um mich herum, all ihre Energien und Gefühle. Manchmal kann meine Hochsensibilität sehr unangenehm sein. Ich grenze mich energetisch ab und schütze mich. Wieder überkommt mich ein Gefühl der Unsicherheit, aber ich beobachte nur, ohne mich damit zu identifizieren.
Ich sitze im Bus nach Idanha-a-Nova. Vier Stunden Fahrt und es gibt kein Zurück mehr.
Ich werde ruhig, das werde ich immer und dafür bin ich sehr dankbar. Dankbar für meine ruhige und gelassene Art, die selbst in Stress- oder Notsituationen sehr klar und ruhig wird. Ich glaube, sonst hätte ich nie in der Trauma- und Intensivpädagogik arbeiten können. Ich werde nicht hektisch und wild. Nein, ich werde immer ruhiger und gelassener.
Wir halten immer wieder an und es wird wärmer und wärmer. Wenn ich englische Muttersprachler höre, hoffe ich, dass niemand mit mir spricht. Tausend Pläne, wie ich entkommen kann, damit ich mich dieser Angst nicht stellen muss.
Wir kommen näher und näher und ich stelle fest, dass das Boomland irgendwo im Nirgendwo liegt.
Alles sieht sehr schön aus, Natur pur, genau das, was ich brauche.
Angekommen.
Ich steige aus und spüre die Kraft der Sonne auf meiner Haut.
Ich nehme meine Sachen und fühle nur Leere in mir. Ich funktioniere einfach.
Wir werden am Eingang empfangen. Sie sind sehr herzlich und ich fühle mich wohl.
Überall stehen Zelte und viele Menschen tummeln sich bereits. Ich blende alles aus, bis wir das Lager erreichen. Dort angekommen fühle ich mich plötzlich so roh, verletzlich und unsicher. Ich treffe auf eine große Gruppe, die sich schon eine Weile kennt und schon vor uns hier war.
Jeder stellt sich vor, und ich möchte fliehen. Diese Unsicherheit macht mich fertig, macht mich klein und verletzlich.
Für mich kommt es nicht in Frage, mich nicht als Shania vorzustellen, auch wenn ich eigentlich Janina heiße. Shania begleitet mich schon seit 11 Jahren und ich würde auch gerne meinen Namen ändern, aber das ist in Deutschland nicht so einfach. Irgendwie hatte ich von Anfang an das Gefühl, dass da etwas auf mich zukommen wird. Ich hatte mal eine Regression in ein früheres Leben – ob man es glaubt oder nicht – und da hieß ich auch Shania und war eine stumme Engländerin im 18. Jahrhundert.
Ich stelle mich einer Frau vor und sie erzählt mir von einem Insider. Da war sie, die Person, die mein Gefühl bestätigte und die ein Geschenk für mich bereithält.
Sie erzählt mir, dass sich ihr einmal eine Frau mit einem anderen Namen vorgestellt hat und dass sie das nicht verstehen konnte. Nun, um ehrlich zu sein, habe ich aus ihrem Mund nur Verurteilungen gehört. Aber ich kann das einfach akzeptieren, ohne selbst ein Urteil zu fällen.
Ich erkläre nicht, dass ich eigentlich Janina heiße und was es mit dem Namen Shania auf sich hat. Ich lasse es einfach auf sich beruhen, ohne die ganze Sache zu kommentieren.
Nachdem ich meine Sachen aufgebaut habe, gehe ich zu meiner Begleitung. Sie gibt mir mein Namensschild aus meinem Rucksack, das ich wohl verloren habe. Sie sagt mir, wer es gefunden hat, und wie es der Zufall will, ist es genau die Person, die mir diese Geschichte erzählt hat.
Ich werde zwar immer noch nicht danach gefragt und sage auch nichts dazu, aber seitdem spüre ich eine Spannung und eine Art Abneigung gegen mich. Toll, gerade wenn ich mich sowieso unsicher fühle. Da ist sie, die Aktivierung meines Schattenaspekts, der nach Anerkennung strebt. Immer wieder kann ich wahrnehmen, wie ich versuche, ihr zu gefallen, meine Gedanken sagen mir tausend Dinge, die ich tun soll. Nervös schaue ich sie immer wieder an. Keine Reaktion. Das triggert mein System noch mehr. Ich fühle mich unwohl und klein und höre die Stimmen meiner gegen mich selbst gerichteten Verurteilung. Gleichzeitig ist da auch diese starke Präsenz meiner natürlichen Essenz, die mich dieses Theater meiner Selbst beobachten lässt.
Ich habe die Wahl: Entweder ich spreche mit der Person darüber und teile ihr alles mit, was ich fühle und denke, oder ich spinne dieses erschöpfende Gedankenchaos weiter und tanze wie eine Marionette das Spiel meines Schattens.
Möchte ich authentisch, echt und verletzlich sein oder lieber Masken tragen ?
Ich beschließe, auf die Person zuzugehen und ihr zu sagen, wie ich mich fühle. Ich sage es und spüre sofort Erleichterung. Ich spüre deutlich, dass dies genau der richtige Weg war. Ich habe den Vorteil, dass ich aufgrund meiner hohen Feinfühligkeit erkennen kann, wenn eine Person lügt. Ich spüre, dass ich das richtige Gefühl hatte und dass dieser Mensch mich tatsächlich verurteilt hat, auch wenn er es nicht zugeben kann. Aber es hat keinen Einfluss mehr auf mich und kann mich nicht weiter kontrollieren. Immer wieder beobachte ich solche Situationen und wie schnell sich alles ändert, wenn wir diese Macht wieder an uns nehmen und uns nicht mehr von anderen kontrollieren lassen. Unbewusst spüren wir immer wieder, wann wir unser Gegenüber verunsichern oder gar kontrollieren können.
Ich spüre, wie dieser Teil von mir zu randalieren beginnt. Er will mir einreden, dass ich jetzt noch kleiner wirke und den Mund hätte halten sollen.
Ich stehe da und erkenne, was in mir vorgeht und schenke dieser Stimme kein Gehör mehr.
Es ist wirklich interessant, wie ich meinen eigenen Schatten entlarve und ihm alle Macht nehme. Angst vor Verletzlichkeit und Ablehnung. Ich arbeite seit drei Jahren an diesen Themen.
Es fühlt sich wie ein Test an. Verstehe ich oder nicht?
Ich zeige mich authentisch und verstecke nichts. Niemand ist perfekt, egal wie sehr er sich bemüht.
Da ist dieses Geschenk.
Selbstvertrauen. Selbstbewusstsein.
Alles löst sich auf und ich spüre, dass niemand mehr Macht über mich hat. Egal, welche Blicke, Worte oder Energien mich erreichen, sie berühren mich nicht.
Erleichterung und Stolz durchdringen mein System. Ich beginne zu verstehen, warum ich hier bin.
Wenn ich all diese aufsteigenden inneren Prozesse einfach zulasse und durch sie hindurchgehe, kann ich nur für mich selbst gewinnen. Das klingt so einfach und ist so schwer.
Auf dem Festivalgelände weiß ich sofort, dass ich nicht hier bin, um 7 Tage lang zu feiern und Drogen zu nehmen. Nein, ich spüre sogar eine Abneigung gegen diese Vorstellung.
Die Zeit vergeht und wir sind in einer großen Gruppe unterwegs, in der jeder etwas anderes will. Mein ganzes Nervensystem ist überwältigt, so viele Einflüsse auf einmal. Aber das Anstrengendste für mich sind diese großen Menschenmengen. Als Einsiedler meide ich das eigentlich. Wie soll ich das 7 Tage lang aushalten, ohne mich wirklich davon abgrenzen zu können?
Es ist dunkel und alles sieht ganz anders aus. Ich werde immer stiller, bin müde und will eigentlich nur noch zurück in mein Zelt.
Gott sei Dank fragt mein Begleiter, ob wir aufbrechen sollen. Wir verlaufen uns und irren eine Stunde lang umher, völlig verwirrt. Endlich finden wir den Supermarkt und glauben, den Weg zu kennen. Jeder kauft 7 Liter Wasser, denn das kostenlose Wasser schmeckt wie ein Swimmingpool. Wir laufen wieder los und finden den Weg nicht mehr zurück. Wir laufen noch eine Stunde lang mit 7 Kilo Gepäck herum und die Frustration macht sich breit. Ich kann nicht mehr, mein Körper schmerzt so sehr und ich will nur noch schlafen.
Ich will nach Hause, warum bin ich hier? Die Erkenntnis, die ich heute Mittag hatte, ist mir scheißegal. Ich will hier weg und ich will jetzt weg.
Wir setzen uns verzweifelt hin, trinken ein Bier und bitten die Gruppe um Hilfe. Unsere Begegnung von heute Morgen kommt uns zu Hilfe und kennt den Weg. Ich habe das Gefühl gleich zusammen zu brechen.
Endlich angekommen gehe ich direkt in mein Zelt. Wie ein Einsiedler es so will, bin ich allein.
Ziehe mich um und fange sofort an zu weinen. Alles ist so laut und viel. All das überfordert mich maßlos !
Tag 3
Ich stehe auf und fühle mich besser, mehr angekommen, wo ich bin. Ich bin ruhiger und mein Affengeist ist ruhig.
Das Festivalgelände und all die Menschen überwältigen mich nicht mehr ganz so sehr wie gestern. Ich werde selbstbewusster und fühle mich nicht mehr verloren.
In den Gesprächen, die ich mit anderen führe, merke ich, dass ich nicht allein bin. Jeder kämpft seinen eigenen Kampf. Die einen stehen dazu und zeigen sich, die anderen verstecken sich und betäuben sich. Ich ziehe es vor, der zu bleiben, der ich im Moment bin.
Der Tag vergeht und ich mache mich für die Eröffnung bereit. Die Menschen strömen wie Ameisen aus allen Ecken und Enden zur Hauptbühne.
Ich stehe in der Menge und es gibt keine Spur von Angst, Überforderung oder Unbehagen. Ich fühle mich großartig, selbstbewusst und frei.
Die Musik beginnt, Gänsehaut. Der Bass vibriert durch meinen Körper. Ich beginne zu tanzen.
Frei. Glücklich. Selbstbewusst. Nüchtern.
Ich lache, tanze, habe Spaß.
Während ich so frei tanze, wird mir klar, dass ich mich noch nie so frei und selbstbewusst gefühlt habe. Es ist tatsächlich das erste Mal.
Glücklich und stolz auf mich selbst, erkenne ich meine harte Arbeit und mein Wachstum an.
Ich liebe es wirklich, mich in dieser Welt authentisch zu zeigen, mit all meinen Facetten. Nicht nur die schönen Seiten, sondern vor allem auch die tiefsten Abgründe meiner Schattenwelt.
Früher hätte ich hier direkt Drogen genommen, denn nur so konnte ich mich frei fühlen und alle Schattenthemen wurden verdrängt. Aber ich verurteile Drogen nicht, denn sie haben mich dahin gebracht, wo ich jetzt bin und mir immer wieder Türen geöffnet, wofür ich unglaublich dankbar bin. Ich habe sie für mich eingesetzt und nicht gegen mich. Das macht den entscheidenden Unterschied aus.
In mir steigt ein solches Glücksgefühl für mich und meinen Körper auf. Ich bin dankbar.
Ich bin so erfüllt und gleichzeitig lasse ich es los.
In der gleichen Nacht entscheide ich mich dazu, etwas kleines zu konsumieren. Nicht aus dem Mangel heraus, sondern weil ich es fühle. Rein und klar. Es ist okay das zu tun.
Ist es „unspirituell“ oder „unbewusst“ das zu tun ?
NEIN ! Das hat ganz allein etwas mit einer bewussten Entscheidung zu tun. Ich bin so genervt von all den Beschränkungen und Bestimmungen von Menschen, die einem ein schlechtes Gewissen versuchen zu geben, weil sie aufgehört haben Mensch zu sein. Leben in einer krassen Illusion mit all ihren beschränkenden Geißelungen.
Ich weis, dass ich niemals mehr so konsumieren würde, wie ich es vor 3 Jahren noch getan habe, denn da habe ich konsumiert, um mir meine Schattenthemen nicht anschauen zu müssen.
Ich liebe es immer mehr und mehr gar nichts mehr zu tun, doch wenn ich es fühle und ergründe mit welcher Intention, ist es vollkommen in Ordnung. Denn ich mache immer wieder bewusste und wertvolle Erfahrungen, die mich weiterbringen. Ich habe nicht den Konsum des Wegschießens, sondern bin mir immer bewusst, was in mir passiert. Das macht es so wertvoll.
Ich laufe alleine zurück zum Zelt und fühle das erste Mal keine Angst. Keine Angst vor Menschen in der Dunkelheit. Genieße die Zeit allein, lausche den Grillen und spüre wieder diese Zufriedenheit.
Tag 4
Ich wache auf und fühle mich sehr gut. Mein erster Gedanke sagt mir sofort, dass ich heute früh schlafen gehen werde. Ich habe keine Ambitionen zu feiern.
Breathwork hat mich schon lange gerufen, aber ich habe es einfach ignoriert – im Nachhinein weiß ich warum -.
Ich mache mich auf den Weg zur Samadhi-Bühne. Mehr und mehr Widerstand kommt in mir auf. Der Affengeist fängt an zu singen und gibt tausend Argumente, warum ich sofort umkehren sollte. Ich höre zu und gehe trotzdem weiter. Das Argument mit dem Englisch funktioniert nicht mehr. „Halt die Klappe und lass mich in Ruhe.“
Nach 2,5 km komme ich an, sitze da und höre zu. Ich verstehe jedes Wort, die Blockade löst sich mehr und mehr auf.
Ich beginne bewusst zu atmen und sinke tiefer und tiefer. Halte den Atem an und plötzlich bin ich an einem anderen Ort. Weit weg von der Außenwelt.
Jede Faser meines Körpers entspannt sich. Sukha breitet sich in mir aus. Der ganze Stress der letzten Wochen und Monate fließt aus mir heraus. Entspannung stellt sich ein.
Alle weinen, und ich spüre diesen tiefen Frieden. Endlich komme ich zu meinem Kern zurück.
Ich sehe diesen Ritter vor meinem inneren Auge, er symbolisiert meine Stärke und Bereitschaft. Ein friedlicher Krieger, der niemals aufgibt.
Ich atme tief ein und halte den Atem an. Wow, da ist dieses große, imposante und schöne Schiff mit weisen Segeln. Die See ist ruhig. Ich bin dort in meinem inneren Hafen. Atme aus und lasse alles los. Ruhe, Frieden und Zufriedenheit durchströmen mich.
Erfüllt und entspannt gehe ich durch diesen Tag. Kein Interesse an Tanzen oder Ähnlichem.
Nur ich, mein Körper und diese Zufriedenheit.
Gehe um 22 Uhr schlafen, während alle anderen die Tanzfläche unsicher machen. Ich habe nicht das Gefühl, dass ich etwas verpasse. Ich schlafe ruhig und friedlich ein.
Tag 5
Ich bin wieder auf dem Weg zur Breathwork-Sitzung, ohne Widerstand und freudig gehe ich den Weg entlang.
Ich komme an, setze mich hin und spüre sofort die wunderbare Ausstrahlung des Lehrers. Energie kann so unterschiedlich sein und heute ist sie ganz anders als gestern. Neuer Lehrer, neue Erfahrungen. Er beginnt zu sprechen und berührt mich tief in meinem Herzen.
Ich sinke tiefer und tiefer, werde noch ruhiger und katapultiere all die Zweifel und Urteile aus mir heraus. Ich habe dieses friedliche Lächeln auf meinem Gesicht. „Keine Drogen für mich“, flüstert mir eine liebevolle Stimme zu. Ich akzeptiere und habe einen sehr entspannten Tag. Habe gute und tiefe Gespräche mit einer tollen Seele.
Ich merke, dass ich nicht mehr das Bedürfnis habe, anderen zu gefallen, und die Erkenntnis des ersten Tages wirkt tiefgreifend. Ich fühle mich freier und wohler in mir selbst und lasse mich nicht mehr von der wiederkehrenden Stimme in meinem Kopf kontrollieren.
Ich habe das so sehr vermisst und merke, wie wütend ich in den letzten Wochen war und mir keine Chance gegeben habe, diese Wut zu kanalisieren, hier fließt sie gerade aus mir heraus. Ich frage mich, ob das alles ist und ob es so bleiben wird? Ich habe keine Ahnung, aber ich lasse es einfach zu.
Ich verbringe den Tag wieder ruhig, denn ich habe weder das Bedürfnis, tanzen zu gehen noch in großen Menschenmengen zu stehen. Ich spüre den Einsiedler in mir und ich mag ihn. Ich ziehe ihn sogar vor. Alleine mit mir selbst, da habe ich die beste Zeit.
Abends gehe ich mit einer anderen Person zum Funky Beach, um von dort aus den Sonnenuntergang zu beobachten. Ich merke, dass ich es unangenehm finde, zwischen so vielen Menschen zu stehen. Hier an diesem Abschnitt herrscht eine ganz andere Stimmung. Irgendwie hat es etwas von Ibiza.
Alle klatschen und jubeln, als die Sonne untergeht. Ich starre in den Himmel und ein Gefühl der Dankbarkeit steigt in mir auf.
Zurück in unserem Camp machen sich alle für die Nacht bereit, während ich mich in mein Zelt zurückziehe. Ich denke über die letzten Tage nach und stelle fest, dass ich meine Hunde, meinen Partner und mein Zuhause vermisse. Ich glaube nicht, dass ich zu den Menschen gehöre, die große Menschenmengen brauchen oder ständig reden wollen. Ich liebe es auch, einfach nur zu sitzen und still zu sein. Ich glaube, dann können wir viel besser kommunizieren. Es erschöpft mich, wenn so viele Menschen um mich herum sind. Als hochsensibler Mensch spüre ich ständig die Gefühle und Energien der anderen. Wenn ich mich dauernd von ihnen reinigen muss, macht mich das auf Dauer sehr müde. Ich habe gelernt, die Emotionen anderer, die ich doppelt so stark wahrnehme, durch mich hindurchfließen zu lassen, ohne an ihnen zu haften, aber auch das macht mich manchmal sehr müde.
Ich denke, 7 Tage sind zu viel für mich, wie machen das die anderen?
Die meisten von ihnen feiern den ganzen Tag und die ganze Nacht. Fühle ich mich deswegen schlecht? Ist es in Ordnung, dass ich das nicht kann und nicht will?
Nein, ich bin froh, dass ich auf meine Bedürfnisse und meinen Körper höre und mich nicht in irgendeinem Gruppenzwang verliere. Ich glaube mittlerweile ist es okay, dass ich anders bin und immer wieder den Einsiedler Lebensstil lebe. Ich kann so viel daraus ziehen und laufe nicht vor mir selbst und meinen Problemen weg. Ich sitze mit mir selbst, bis ich Klarheit habe. Auf der Suche nach der Wahrheit überprüfe ich immer wieder meine eigene. Meine Superkraft? Authentizität, sie macht mein Leben so viel einfacher. Andere Menschen hassen es oder lieben es, aber ich bleibe einfach bei mir. Nur ich muss mich selbst lieben und anerkennen, niemand sonst, und das hält mich aufrecht, egal wie schwer es ist. So viele Jahre lang bin ich weggelaufen und wollte nicht hinsehen. Ich habe mich gehasst für das, was ich bin. Diese Zeit ist vorbei, ich danke mir dafür.
Ich empfinde Ehrfurcht vor meinem Weg. Mit Respekt vor mir selbst, schlafe ich ein.
Tag 6
Ich wache auf und bemerke ein Unbehagen in mir. Irgendetwas ist seltsam.
“ Whoa, können die da draußen nicht einmal die Klappe halten, verdammt?“
Hallo Wut.
Alle grüßen mich, aber ich will eigentlich gar nicht reden.
Ich hoffe nur, dass niemand mit mir spricht. Bitte geht alle weit weg von mir.
Ein Gefühl von „Ich hasse Menschen“ steigt in mir auf. Jemand fragt mich, ob ich mit zur Breathwork-Sitzung gehen möchte. Ich sage einfach ja, obwohl ich nicht will. Meine Begleitung kommt aus dem Zelt und ich sehe sofort, dass dort die gleiche Stimmung herrscht. Wir gehen gemeinsam los, in der Hoffnung, dass uns niemand folgt. Reizbarkeit liegt in der Luft. Die Person neben mir will nicht zum Breathwork gehen, das kann ich spüren. Ich gehe allein weiter. Ich komme dort an und spüre sofort, dass es hier heute ganz anders ist. Ein anderer Lehrer, ich spüre ihn nicht. Er spricht kaum und jeder ist für sich allein.
Wo ist hier die Magie?
Okay, ich mache mein eigenes Ding. Ich erschrecke, denn plötzlich beginnt jemand laut zu schreien. Andere folgen und es scheint mir, dass sie versuchen, sich gegenseitig zu übertrumpfen.
„Scheiße, die gehen mir auf den Sack!“
„Alter! Halt die Schnauze!“
„Warum sagt der Lehrer nichts? Alle anderen haben es getan und immer betont, dass man seinem Nachbarn nicht auf den Sack gehen soll!“
„Boah bitte halt die Klappe, du bist nicht allein hier“ „Ja klar, schrei noch lauter“
Okay, das bringt nichts, ich konzentriere mich auf meine Atmung. Ich atme tief ein und halte den Atem an, in diesem Moment kann ich die anderen ausblenden. Ich atme aus.
„Fuuuuuck !!! Bitte halt einfach die Klappe!“
Endlich ist es vorbei. So viele verärgerte Gesichter. Ich bin nicht allein. Toll, jetzt bin ich noch genervter als vorher.
Ich stehe auf und gehe zurück. Beruhige mich mit dem Wissen, dass heute Abend eine weitere Breathwork-Sitzung stattfindet, bei der mich der Lehrer total abholen wird.
Während ich hier sitze und auf das Wasser starre, lässt mein Ärger langsam nach.
Warum fühle ich diese Wut?
Was genau stört mich?
Tarnt die Wut ein anderes Gefühl?
Was genau versuche ich zu verbergen?
Ich verbringe den Tag mit nur drei anderen Menschen, weit weg von Menschenmassen. Ich kann wieder lachen, aber ich spüre, dass etwas aus mir heraus will.
Ich sitze bei der nächsten Breathwork-Sitzung und spüre Aufregung in mir.
Der Lehrer steht vor mir und spricht über seine Geschichte und den Krebs. Ich habe großen Respekt vor ihm. Bei ihm kann ich wirklich loslassen, ohne Widerstand und ohne den Drang, etwas festhalten zu wollen.
Wir beginnen im Stehen, die Musik setzt ein und ich werde von einer Welle der Traurigkeit überrollt.
Tränen fließen. Schmerz in meiner Brust.
Ich kämpfe und versuche, ihn zu unterdrücken. Ich realisiere, was passiert und atme ein und aus. Losgelöst gebe ich mich dem Prozess hin und lasse die Tränen und Gefühle einfach fließen.
Wir kommen zum Liegen und ich weine und weine. Mein Körper krampft und entspannt sich wieder.
Ich atme, lasse alles los, die Gedanken sind leer. Nur ich, mein Körper und meine Empfindungen.
Es wird immer intensiver, ich tauche tiefer und tiefer.
Erinnerungen strömen an die Oberfläche. Da ist sie wieder, die Begegnung von vor 3 Jahren, die mir unglaublich schwer fällt, zu verarbeiten. Immer wieder kommen diese Gefühle von tiefer Traurigkeit hoch. Ich habe mich so verletzlich gezeigt, mein Herz weit geöffnet und bin danach daran zerbrochen.
Schmerz, Wut, Traurigkeit.
Nein, ich bereue die Erfahrung nicht, aber ich hätte gerne mit ihm darüber gesprochen, aber er ließ mich völlig allein. Er hatte seinen eigenen Kampf zu kämpfen.
Starke innere kindliche Anteile wurden ausgelöst, und ich habe mich lange Zeit dafür geschämt. Ich glaube, er hat ein völlig verzerrtes Bild von mir.
Ich atme wieder ein und aus.
Das holotrope Atmen beginnt. Alle Gedanken sind verschwunden. Nur ich und meine Empfindungen.
Mein ganzer Körper verkrampft sich völlig, alles kribbelt stark und ich kann mich nicht mehr bewegen. Wow, was für ein krasses Gefühl, überhaupt nicht unangenehm. Wellen von Emotionen durchströmen meinen Körper. Ich weine wieder und wieder. Aber nichts davon fühlt sich belastend an. Ohne Widerstand lasse ich einfach alles geschehen.
Danke.
Zurück zur natürlichen Atmung, mein Körper krampft und kribbelt weiter. Aber ich habe nicht das Gefühl, dass ich ihn kontrollieren will. Ich lausche den Worten des Lehrers und beginne wieder zu weinen. Wann habe ich das letzte Mal so geweint?
Dann kommt tiefe Dankbarkeit für diesen Prozess auf.
Mein Körper hört auf zu krampfen.
Nein, ich will nicht zurück, ich will an diesem Ort bleiben. Ich kann die Heilung spüren.
Ich lasse den Widerstand los und kehre zurück, nehme die Außenwelt wieder wahr und wische mir die Tränen ab. Die Menschen schauen mir in die Augen, nicken und lächeln mich an. Mein Verstand versucht zu verstehen, was geschehen ist, aber er kann es nicht. Ich fühle eine angenehme Leere und Erschöpfung.
Zurück im Camp bin ich eher ruhig und gehe früh schlafen. Morgen ist der letzte Abend, an dem wir unterwegs sein können, denn am Mittwoch schließen die Tanzflächen um 22:30 Uhr.
Werde ich morgen gehen? Ein gemischtes Gefühl.
Tag 7
Ich wache auf. Mein Körper verarbeitet noch immer die gestrige Breathwork-Sitzung. Auch mein Geist versucht immer noch zu verstehen und einzuordnen, was ich erlebt habe.
Warum ist diese Person wieder so präsent in meinem System? War sie jemals weg?
Warum halte ich so lange an ihm fest? Was ist es, das mich nicht loslässt?
Seit unserer Begegnung versuche ich, jede Verletzlichkeit in meiner Beziehung zu vermeiden. Ich halte lieber eine Mauer hoch. Ich arbeite seit langem daran, aber irgendetwas lässt mich diese Mauer nicht ganz niederreißen. Da ist immer er, gefolgt von Traurigkeit und Schmerz.
Und dann ist da plötzlich dieser AHA-Moment! Ich wünschte, ich könnte wieder so fühlen wie damals mit ihm, aber gleichzeitig erlaube ich mir nicht, mich zu öffnen. Ich assoziiere das Gefühl mit ihm und schaue nicht, worum es eigentlich geht. Aus Angst vor diesem Schmerz.
Traurigkeit durchströmt wieder meinen Körper, denn das ist meinem Partner gegenüber, für den ich unendlich dankbar bin, wirklich nicht fair. Er hat mich aufgefangen, als ich am Boden lag und durch die dunkelsten Nächte meiner Seele ging. Er war immer da, bedingungslos. Sogar dann, wenn wir uns selbst für unser Inneres gehasst haben.
Plötzlich spüre ich diese tiefe Liebe zu ihm und dass ich ihm unendlich dankbar bin.
Mir wird klar, dass ich mich selbst in einer Illusion gefangen hielt und glaubte, nur mit diesem einen Mann wieder so fühlen zu können. Aus Angst wollte ich nicht sehen, dass es schon lange da ist, nur ich es mir selbst nicht erlaube. Mir wird bewusst, dass ich genau das habe und dieser Mann zu Hause auf mich wartet. Zum ersten Mal spüre ich so etwas wie Heimweh und habe einen immer stärkeren Wunsch, nach Hause zu gehen. Endlich zurück zu meiner Familie, bestehend aus meinen Hunden und meinem Freund. Noch nie habe ich mich in einer Beziehung so frei gefühlt. Unabhängig voneinander gehen wir jeden Tag unseren eigenen Weg, ohne den anderen einzuschränken. Keine Verbote, keine Einschränkungen.
Akzeptanz für den Weg des anderen.
Es ging nie um die andere Person, sondern nur um das Gefühl. Ich habe drei Jahre gebraucht, um das zu erkennen. Aber das ist schon in Ordnung.
Meine Stimmung ändert sich im Laufe des Tages, so dass ich heute Abend Lust zum Tanzen habe. Mir wird immer wieder ein Rauschmittel angeboten, das ich nicht will. Zuerst ist da ein Zwiespalt in mir. Ich werde mir dessen bewusst, beobachte und beschließe, meiner Intuition zu vertrauen. Es entsteht ein klares NEIN. Kein Zweifel und ich lehne weiter ab. Ich kommuniziere klar, dass, wenn überhaupt, nur Ecstasy/MDMA für mich in Frage kommt. In der Vergangenheit hätte ich mich überreden lassen und wäre über meine eigenen Grenzen gestolpert. Immer wieder wird mir diese Droge angeboten und ich werde als Langweiler abgestempelt. Nichts davon löst in mir etwas Negatives aus. Ich sehe das Leid und sende mein Mitgefühl aus. Ich werde ständig auf mein Alter reduziert, ohne dass man meine Geschichte oder Erfahrung kennt. Ich finde es wirklich interessant, wie schnell Menschen urteilen und die Augen verschließen. Am Anfang hat mich diese Person verunsichert, aber ich merke gerade, dass nicht mehr ich es bin, der getriggert wird. Ich kommuniziere klar, dass ich das nicht will und wende mich ab.
Es kommt der Moment, in dem ich die innere Entscheidung treffe, Ecstasy zu konsumieren, wie immer nur kleine Mengen, weil ich mir meiner selbst bewusst bleiben will.
Ich habe eine Menge Spaß und die Zeit vergeht wie im Flug.
Um 3 Uhr nachts werde ich müde und mein Körper schmerzt. Alle anderen sind noch fit, konsumieren auch viel mehr als ich. Ich weigere mich, etwas anderes zu tun. Ich habe genug und weiß, wann es gut ist.
Ich stehe zwei Schritte hinter der Gruppe, ich kann nicht mehr tanzen, alles tut weh.
Jemand stellt sich neben mich und ohne hinzusehen, spüre ich eine sehr unangenehme Energie. Er spricht mich an und wird immer aufdringlicher. Ich verstehe kaum etwas, weil er sehr undeutlich spricht. Er ist nicht nüchtern, bei weitem nicht. Ich sage ihm höflich, dass ich nicht reden will. Er wird immer aggressiver und fängt an, mich am Arm zu packen. Ich sage ihm mehrmals NEIN und dass er aufhören und gehen soll.
Ich habe das Gefühl, dass er noch aggressiver wird. Jemand aus meiner Gruppe sieht die ganze Sache und kommt zu Hilfe. Er packt sie und sie zieht sich in die Gruppe zurück. Er kommt wieder auf mich zu und fängt an, mich am Arm zu halten. Eine enorme Wut steigt in mir auf. Ein Mann aus unserer Gruppe mischt sich ein und wird daraufhin bedroht. Der Mann wird immer aggressiver und kommt wieder auf mich zu, versucht erneut, mich zu packen. Ich gehe aus dem Weg. Die Wut in mir ist so groß, dass ich ihm ins Gesicht schlagen will, wenn er mich noch einmal anfasst.
Unsere Gruppe geht.
Ich will nur noch in mein Zelt. Ich bin müde und das war jetzt zu viel für mich.
Unterschwellig spüre ich die Angst, die mich daran hindert, allein zu gehen. Ich teile mich meiner Begleitung mit, aber sie ignoriert mich. Ich halte weiter durch. Ich reflektiere für mich, dass ich ganz anders handeln würde und immer anders gehandelt habe. Egal, in welchem Zustand ich war, ich habe immer anderen geholfen, wenn es ihnen schlecht ging oder sie Hilfe brauchten. Aber nicht jeder ist so, das kann ich akzeptieren. Ein innerer Konflikt beginnt in mir zu arbeiten.
Wir sitzen im Kreis und meine Begleitung fragt vor allen anderen, was wir jetzt mit mir machen werden?
Ich teile ganz klar mit, dass ich eigentlich nach Hause möchte. Es wird mir suggeriert, dass es nicht schlimm sei, allein nach Hause zu gehen. Ich sage, dass ich heute und jetzt nicht alleine gehen möchte. Diese Person sagt mir wieder, dass es nicht so schlimm ist.
Aber im Moment ist es das für mich.
Dann gibt es jemanden, der merkt, dass ich Angst habe und mich danach fragt. Mir steigen Tränen in die Augen und ich sage ja. Sie war die Einzige, die sofort reagierte und mir sagte, dass niemand, der Angst hat, hier allein geht.
Erleichterung.
Ich sage, es reicht, wenn nur einer geht. Ein Mann begleitet mich nach Hause.
Als ich am Zelt ankomme, fällt alle Anspannung von mir ab. Die Angst ist weg. Ich erinnere mich daran, dass es völlig in Ordnung ist, nach einer solchen Situation Angst zu empfinden, und dass dies kein Zeichen von Schwäche ist. Ich lege mich hin und schlafe sofort friedlich ein.
Tag 8
08:30 Uhr, unerträgliche Hitze in meinem Zelt. Ich halte es nicht mehr aus und muss hier sofort raus. Meinem Körper geht es ganz und gar nicht gut. Mir ist übel, ich habe Schweißausbrüche und mein Kreislauf ist alles andere als optimal. Ich stehe auf und gehe mit einer kleinen Gruppe in den Supermarkt. Diese Hitze macht es für mich nur noch schwieriger. Ich frage mich, wie ich diesen Tag überstehen soll.
Wir beschließen, uns ans Wasser zu legen. Mein Kreislauf kommt wieder in Schwung und ich fühle mich immer besser. Ich gehe immer wieder ins Wasser und spüre, wie gut es mir tut. Keine Anzeichen von Übelkeit mehr. Ich habe meinem Körper zu viel zugemutet.
In der Gruppe wird das Thema „Körper- und Idealbilder“ diskutiert und ich erzähle meine Geschichte.
Ich habe in 3 Jahren 20 kg zugenommen, von 47 kg auf 67 kg. Das war alles andere als leicht für mich, und ich hatte damit zu kämpfen. Ich habe meinen Körper so sehr abgelehnt und verurteilt. Ich glaubte, ich sei unendlich dick, aber in Wirklichkeit bin ich es nicht. Ich war mit 47 kg untergewichtig und glaubte nur, dass ich so attraktiv und wertvoll sei. Mit meiner Gewichtszunahme habe ich wirklich gelernt, mich so zu akzeptieren, wie ich bin. Weit weg von irgendwelchen Idealbildern. Ich glaube, wenn ich den Punkt erreiche, mich wirklich vollständig und bedingungslos zu akzeptieren, wird auch mein Gewicht verschwinden. Allerdings nicht zurück auf 47 kg. Diese Reise war unglaublich hart für mich, aber ich fühle mich gerade jetzt auf dem Festival so, dass ich mir keine Gedanken darüber mache und mich in meiner Haut wohlfühle.
Der Tag vergeht wie im Flug und am Abend fange ich an, meine Sachen zu packen, voller Vorfreude und Dankbarkeit, diesen Ort morgen zu verlassen. Ich gehe früh ins Bett, damit ich morgen nicht in der Sonne den Rest meiner Sachen packen muss.
Tag 9
Wir warten insgesamt 4 Stunden auf den Bus nach Lissabon, aber es kommt mir nicht so vor. Endlich komme ich hier raus. Ich muss nur noch 4 Tage durchhalten, dann geht es zurück nach Hause.
Meiner Begleitung fällt es sichtlich schwer, loszulassen. Ich hingegen kann es kaum erwarten, von diesen Menschenmassen wegzukommen.
Ich bin froh, mit nur einer weiteren Person in Lissabon zu sein, unser Hotel ist wirklich toll. Hier kann ich alles Revue passieren lassen und integrieren.
Abends gehen wir wieder in die Stadt und da spüre ich meine Veränderung der letzten Tage. Ich fühle mich richtig selbstbewusst und voller Selbstvertrauen. Viele Menschen machen mir Komplimente, die wirklich von Herzen kommen und nicht auf irgendwelchen Absichten beruhen. Ich schaue in die Gesichter der Menschen, sie lachen alle und wirken unglaublich glücklich. Das ist in Deutschland genau das Gegenteil. Mehr und mehr verstehe ich, warum ich auswandern will.
Tag 10-12
Ich beschreibe die letzten Tage in Lissabon rückblickend, denn erst zu Hause kam ich dazu, diese Erfahrung zu Papier zu bringen.
Die nächsten zwei Tage habe ich viel nachgedacht, die Zeit am Pool genossen und über 20 Seiten in mein Tagebuch geschrieben. Wir machten ein paar Ausflüge in die Stadt und ich genoss diese Zeit.
Am letzten Tag hatte ich jedoch einige unangenehme Erlebnisse, die mich dazu veranlassten, zu überprüfen, ob ich meine eigenen Grenzen einhalte und auf Manipulationen reagiere.
Meine Begleitung lernte auf der Boom jemanden kennen und ich wurde gefragt, ob es für mich in Ordnung sei, wenn diese Person am letzten Tag zu uns stoßen würde. Ich habe ja gesagt und dass es mir wichtig ist, dass niemand anderes im Bett schläft. Das will ich nicht, denn ich bin hochsensibel und diese Zeit des Abschaltens ist für mich sehr wichtig. Abgesehen davon finde ich, dass es keinen Grund gibt, mich zu rechtfertigen. Mir wurde versprochen, dass dies nicht der Fall sein würde. Als die Person ankam, war irgendwie alles anders. Alkohol und Drogen wurden herumgereicht, aber ich lehnte alles ab. Ich habe nur Zigaretten geraucht, weil ich wusste, dass ich zu Hause nicht rauchen würde und dass das für mich im Urlaub in Ordnung war. Irgendwann war ich sehr müde und ging die Etage hinunter in unser Zimmer. Ich nutzte die Zeit allein, um mit meinem Partner zu telefonieren. Die Tür ging auf und die beiden kamen herein. Sie waren alles andere als nüchtern und baten mich um ein Gespräch.
Man schlug mir vor, das Hotel zu verlassen, damit beide allein sein konnten.
Ich wurde gebeten, das Hotelzimmer für 1 – 2 Stunden relativ spät am Abend zu verlassen. Ich wollte das nicht und erklärte, dass ich wirklich müde sei und nicht umsonst früher ins Zimmer gegangen sei. Es folgten immer wieder wiederholte manipulative Sätze und Sprüche.
„Ich würde das für einen guten Freund tun“. „Ach komm schon Janina..“
Dann hat man mir vorgeschlagen, das Hotel zu wechseln, denn ein Zimmer in unserem Hotel kostet 285 Euro. Sie zahlen auch alles. Denn meine Begleitung wollte weder das Zimmer noch das Hotel wechseln. Ich sollte irgendwie weggehen. Auch das habe ich abgelehnt, denn es war nicht meine Aufgabe, zu gehen. Sie redeten weiter auf mich ein und alle waren sichtlich unzufrieden mit der Situation. Aber sie hatten kein Verständnis für mich und handelten sehr selbstsüchtig und nur in ihrem eigenen Vorteil. „Für dich wäre es der kleinere Kompromiss…“. Es folgten immer wieder manipulative Sätze, die an die Gefühlswelt des anderen appellierten. Das ist der Grund, warum wir Menschen überhaupt manipulative Sprache verwenden. Meistens unbewusst, und die andere Person glaubt wirklich, was sie sagt, ohne sich bewusst zu sein, dass sie die Gefühlswelt des anderen manipuliert.Ich spürte starke Wut in mir aufsteigen. Keine Bereitschaft und kein Gedanke, dass sie tatsächlich selbst gehen müssten. Ich könnte auch im Hotelzimmer bleiben, während sie intim werden. Ehrlich gesagt, bin ich sogar so weit gegangen und habe gesagt, ja, es ist mir egal. Aber wenn ich wirklich ehrlich über mich selbst nachdenke, weiß ich, dass ich gelogen habe.
Die Situation wurde immer unangenehmer. Ich wurde sehr still, weil die Wut in mir innerlich kochte. Wir gingen nach unten, um eine Zigarette zu rauchen, und ich teilte meiner Begleitung mit, dass ich gerade unglaublich wütend sei und dass ich es absolut furchtbar finde, dass meine Bedürfnisse einfach völlig ignoriert werden. Es wurde kleinliches Verständnis geäußert, was immer den Beigeschmack der Manipulation hatte. „Ich würde das für einen guten Freund tun, ich bin ja schon älter…“. Dabei war diese Person nicht einmal bereit, mich auf dem Festival nach Hause zu begleiten, als ich Angst hatte. Ich war so wütend, dass ich nur noch aus dieser Situation herauskommen und zum Abendessen gehen wollte. Die anderen gingen nach oben. Ich rief meinen Partner an, um mit ihm über die ganze Sache nachzudenken und meine Gefühle zu sortieren. Nach dem Abendessen bin ich nach oben gegangen, wir haben nicht geredet. Ich ging ins Bett, und als sie zurückkamen, wurde es für mich noch unangenehmer. Es gab keine Rücksicht. Im Gegenteil, trotz des Versprechens legten sie sich beide zu mir ins Bett. Die manipulativen Sätze wirkten in meinem System, aber ich konnte aufhören, mich beeinflussen zu lassen und meine Grenzen außer Acht zu lassen. Am nächsten Tag bat ich sie beide, mir zuzuhören. Ich teilte mich mit, sagte, wie ich mich fühlte und was ich wirklich scheiße fand. Meine Begleitung reagierte sofort abwehrend, lachte und war überhaupt nicht in der Lage, über ihr eigenes Verhalten nachzudenken. Sie behauptete, ich sei unentspannt, würde völlig überreagieren und es sei hier gerade wie in einer „Selbsthilfegruppe“. Irgendwie gab es kein bisschen Offenheit oder Bereitschaft, in irgendeiner Form darüber zu sprechen, geschweige denn, es einfach anzunehmen. Ich habe sofort gespürt, dass das für mich eine absolute Grenze ist und dass ich mir so etwas nicht mehr gefallen lassen will. Ich bin sehr tolerant und man durfte jahrelang meine Grenzen missachten, aber hier habe ich wirklich hinter mir gestanden, ohne ausfällig zu werden oder aus Emotionen zu handeln.
Jeder Mensch hat seine Schatten, aber die Frage ist, ob man in der Lage ist, ehrlich hinzuschauen und auch mal eigene Verfehlungen zuzugeben und sich bei anderen Menschen zu entschuldigen. Ich bin nicht perfekt, aber ich bin in der Lage, mich zu entschuldigen und über mein Verhalten nachzudenken.
Ich bin aus der ganzen Situation gestärkt hervorgegangen und habe meine Grenzen noch besser kennengelernt.
Ich muss für niemanden etwas tun, was auf meine Kosten geht.
Ich packte meine Sachen und reiste ab. Ich frühstückte im Hotel und machte mich allein auf den Weg zum Flughafen. Ich glaube, hier wartete das wahre Geschenk auf mich, und ich bin unglaublich froh, dass ich für mich selbst die Verantwortung übernommen habe und allein in einem fremden Land unterwegs war. An diesem Tag habe ich die Angst vor dem Alleinreisen verloren. Ich sprach frei auf Englisch und ging meinen eigenen Weg, unabhängig von anderen.
Es ist wirklich schade, dass sich unsere Wege auf diese Weise trennen, aber ich kann es einfach akzeptieren. Frei von Anhaftung oder Wut fällt es mir leicht, darüber zu sprechen und die Geschenke des Universums zu erkennen. Das war nicht immer so, und hier erkenne ich, dass ich mich verändert und die Lehren aus meinen Erfahrungen verinnerlicht habe. Ich habe keine Angst mehr vor Verurteilung oder davor, in ein schlechtes Licht gerückt zu werden. Es liegt nicht in meiner Verantwortung, wie andere Menschen über mich sprechen, Dinge erfinden oder interpretieren. Ich bin hier und zeige mich wahrhaftig und versuche nicht, etwas zu verbergen.
Eine wichtige Erkenntnis für mich ist auch, dass ich Mittel wie Alkohol oder Drogen nicht brauche, um mich frei oder gut zu fühlen. Im Nachhinein stelle ich fest, dass ich ohne sie viel freier und glücklicher bin. Dennoch verurteile ich den Gebrauch von Rauschmitteln nicht.
„Die eigene Dunkelheit zu kennen, ist die beste Methode, um mit Schattenseiten anderer Menschen umzugehen.“
Namasté, Shania
Hey, ich bin Shania
Es ist mir eine Herzensangelegenheit, Menschen auf einfühlsame Weise zu ihrem Schatten zu führen, sie durch Selbsterfahrung erkennen zu lassen, was sich hinter ihrem verankerten Schmerz und Leid verbirgt und wie sie diese Erkenntnisse auf heilsame und transformierende Weise für sich selbst nutzen können.
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